Samstag, 22. August 2009

23. Hauptstadt der Folklore

Unser nächstes Ziel war die Stadt Puno auf 3830 Höhenmeter beim Titicacasee, dem höchst gelegenen schiffbaren See der Welt mit einer Länge von 170 km und einer Breite von 60 km. Er ist somit auch der größte See Südamerikas. Berni hatte anfangs ziemliche Schwierigkeiten mit der Höhe und kämpfte mit Übelkeit und mußte laut Arzt ruhen. Roman suchte fünf Apotheken auf um alle verschriebenen Medikamente zu bekommen. Wir sammelten daher am ersten Tag nur ein paar Eindrücke von Puno und klapperten ein paar Souvenirshops ab um die Alpaka-Pullover, Kunsthandwerke zu bestaunen. Auf einem Marktplatz knüpfte Markus Kontakt zu den einheimischen Frauen sowie machte auch Bekanntschaft mit einem Curandero, der ihm anhand von Tarotkarten die Zukunft voraussagte.


Direkt neben einem Kreisverkehr am Gehsteig saß der ältere Mann mit einer angenehmen Ausstrahlung im Rollstuhl auf dem er eine kleine Tischplatte montiert hatte. Darauf lagen Tarotkarten, ein christliches Kreuz, eine Glocke sowie ein aus Stroh gemachtes Gürteltier. Den Standort fanden wir anhand einer Beschreibung von Jenny, der Besitzerin von der Posada Kusillo in der wir untergebracht waren. Markus war neugierig und ließ sich die Karten vom Curandero drei mal legen. Zwischendurch läutete der Wahrsager mit seiner Glocke und betete. Berni übersetzte so gut wie möglich das Ergebnis. Markus kann sich auf alle Fälle sehr glücklich schätzen und hat eine sehr schöne Zukunft vor sich!

Der Glaube in dieser Region ist vom katholischen Einfluß sowie des Spiritualismus und alten Mythen geprägt. Jenny erzählte uns, daß sie ebenfalls einen Curandero zu rate zog bevor sie endgültig das Haus vor gut 15 Jahren kaufte. Der angesehene Mann, der leider bereits verstorben ist, hatte damals schon vorausgesagt, daß sie eines Tages viele Leute im Wohnhaus vorfinden würde. Dies war nicht in ihrem Sinne, denn sie hatte ihren fixen Job als Sekretärin. Die Leute rund um Puno nehmen das Gesagte ernst, haben Respekt vor einem Curandero und dessen Eingebung wird geachtet. Ein vom Blitz getroffener ist besonders angesehen.

Mit unserer Unterkunft waren wir sehr zufrieden und wurden wirklich herzlichst umsorgt. Für unsere kranke Berni gab es Suppe und heißen Tee, sowie Wärmflaschen in der Nacht. Die Temperaturen in Puno liegen bei 0° - 25°. Durch die starke Höhensonne fühlt sich der Schritt von der Haustür so an, als ob man vom Kühlschrank in die warme Herbstsonne kommt.

Während Berni und Roman sich an die Höhe von Puno gewöhnten, machte Markus einen 1-2 Tagesausflug zur "Isla del Sol" am Titicacasee. Dazu fuhr er mit dem Bus über die Grenze von Bolivien nach Copacobana und weiter mit einem Schnellboot zur schönen Insel. Diese soll nach einer Inka-Legende die Geburtsstätte des ersten Inkaherrscher "Manco Capac" und seiner Frau Mama Ocllo sein. Markus kam sehr begeistert zurück und berichtete über seine 4-stündige Rundwanderung, wobei er viele Ruinen, Kultplätze und terrasierte Hügel besichtigte. In der Ferne erblickte Markus sogar die "Cordillera Real" mit den schneebedeckten Bergspitzen und machte beeindruckende Bilder.


Am letzten Tag in Puno setzten wir wieder gemeinsam unseren Erkundungstrip fort und sahen uns das alte Kanonenboot "Yavari" an. Peru bestellte zwei dieser Boote aus Metall 1861 von England, denn bis dahin gab es lediglich Holzschiffe am Titicacasee und man wollte für ev. kriegerische Auseinandersetzungen mit Bolivien und Chile besser gerüstet sein. Beide Schiffe zusammen mit dem Trockendock wurden in 2766 Einzelteile über Kaphorn bis an die pazifische Küste geliefert. Von dort benötigte Träger und Maultiere 6! Jahre um alles bis zum Titicacasee zu transportieren. 19 Jahre nach der Bestellung lief die mit trockenen Lama-Dung betriebene "Yavari" vom Stapel. Seit elf Jahren wird sie mit privaten Geldern und Spenden von Besuchern liebevoll restauriert, nachdem ihr zuletzt das Rad der Zeit schon heftig zugesetzt hatte.




Am Abend fand zu unserer Freude eine kleine Version des berühmten, Anfang Februar stattfindenden Folklore-Festes "Diablada" (Teufelsmaskentanz) statt. Hunderte von Einheimische versammelten sich dabei schon am Nachmittag am Hauptplatz um sich die besten Plätze zu sichern. Markus, Berni und Roman mischten sich auch unter die Menschenmenge und warteten wie alle anderen geduldig bei Temperaturen knapp über null Grad bis endlich das bunte Spektakel um sieben Uhr begann (irgendwie erinnerte die Szenerie an ein Ski-Opening).

Lautstark erklang traditionelle Musik aus den Lautsprecherboxen, die auf der Treppe zur Kathedrale aufgestellt waren, bis endlich die Folkore-Gruppen aus der Umgebung mit Blasmusikkapellen ("Banda del Diablo") um den "Plaza del Armas" eintrafen. Hierbei wurde jede einzelne Formation von einem Fahnenträger und einer Kindergruppe angeführt. Diesen folgten lebhaft, freudig einige Tänzerinnen mit teils äußerst kurzen, bunten, schillernde Röckchen, die die nachfolgenden Teufelsmaskentänzer und zuschauenden Männer aufheitzten. Unglaublich war wie sich die Tänzer mit ihren mehrere Kilo schweren Masken schwungvoll Schritt für Schritt zur Musik bewegten. Die einzelnen Folkore-Gruppen standen hierbei im Wettbewerb und wurden anhand der aufwändigen Kostüme und ihrer Tanzkünste bewertet.


Wir hatten wiedereinmal Glück und erlebten ein authentisches, lokales Fest mit viel Kontakt zu den Einheimischen. Die Begeisterung für die detailreichen, bunten Kostüme kannte kaum Grenzen und die Stimmung der Massen schlug voll auf uns über, wie man im folgenden Video sehen kann:

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