Montag, 16. November 2009

48. Westküste

Pünktlich zum Faschingsbeginn am 11.11. um 11:11 befanden wir uns in einer kleinen Brauerei in Westport und verkosteten unter anderem ein Lager, welches mit grünen Farn gebraut wurde. Dieses war zwar etwas zu bitter für unseren Geschmack, aber auf den Fasching kann man damit schon mal anstoßen.

Der nächste Halt waren die - auf österreichisch übersetzt - Palatschinkenfelsen ("Pancake Rocks"). Diese Felsen wurden durch dünne, unterschiedlich harte Sedimentschichten gebildet und über die Jahre schliffen die Wellen sie zu ihrer markanten Form.




Eine weitere Besonderheit sind die "Blowholes" durch welche die Brandung nach oben gedrückt wird, so daß das Meerwasser wie bei einem Geysir empor spritzt. Hierfür hätten wir allerdings noch bis am frühen Abend auf die nächste Flut warten müssen. Wir waren sogar am Überlegen zu bleiben, denn uns reizte am nächsten Tag den zweitägigen "Inland Pack Track" in Angriff zu nehmen. Jedoch änderten sich unsere Pläne schnell, nachdem wir die Informationen zum bevorstehenden Wetter. Für Flussdurchquerungen mit zumindest hüfttiefen Wasserstand haben wir beide keine Erfahrung und wir würden auch noch ein Zelt brauchen, falls durch die angekündigten Regenfälle die Flüsse unpassierbar würden.

Aus diesen Überlegungen heraus fuhren wir zum "Arthur's Pass" direkt in die Südalpen Neuseelands. Diese relativ viel befahren Paßstraße, die Christchurch mit der Westküste verbindet, wurde während des Goldrausches entdeckt und erlaubte den Abenteurern in den rauen Westen vorzustoßen. Uns interessierte allerdings nicht die nostalgische Seite sondern den 1833 Meter hohen "Avalanche Peak" (Lawinenspitze).



Voll motiviert starteten wir am nächsten Morgen los und kletterten entlang des "Scotts Trail" über 1000 Höhenmeter bis die rutschigen Schneefelder entlang des Grades zum Gipfel eine sichere Begehung erschwerten. Kurz vor unserem Ziel wurden wir endgültig von einem Papagei gestoppt, der sich Berni wie ein Wächter in den Weg stellte. Minuten später waren wir auch schon in Wolken gehüllt und es fing leicht an zu schneien. ... Ja ihr habt richtig gelesen: Papagei. Der auf der Südinsel heimische "Kea" hat grüne Federn und eine auffällige rote Zeichnung auf der Unterseite seiner Flügel. Diesen zutraulichen Vogel - gerne auch als Clown der Alpen bezeichnet - findet man überall im den Südalpen Neuseelands.







Wir stiegen wieder über den selben steilen und felsigen Pfad ins Tal ab und waren ganz stolz auf unsere Gesamtzeit von 5h 30, denn ansonst werden sechs bis acht Stunden für diese Route veranschlagt. Allerdings lies uns das Schneetreiben bzw. der spätere Nieselregen nicht zu lange verweilen um Aussicht gebührend zu bewundern.

Erstaunlich fit nach unserer Wanderung fuhren wir wieder zurück zur Westküste und suchten einen Campingplatz bei "Hokitika" auf, welcher an einem idyllischen See gelegen war. Der kleine Ort ist für seine Jademanufakturen berühmt und so konnte Berni es sich nicht nehmen lassen hier am nächsten Tag durch die Läden zu bummeln.

Abends erreichten wir dem nach "unserem" Kaiser benannten Franz-Josef-Gletschter, der vom Österreicher Julius Haast entdeckt wurde (die Maori kannten ihn aber natürlich schon viel länger). Dieser und auch der nahe gelegene Fox Gletscher reichen so tief ins Tal hinab, daß sie auf ihrem Breitengrad einmalig sind. Auch die Geschwindigkeit in der sie sich bewegen, ist mit 1,5 bis 10 Meter pro Tag äußerst beachtlich und somit ungefähr 10mal so schnell als ihre Artgenossen in Europa. Die heimischen Gletscher würden auch neidisch auf den Fakt werden, daß seit 1970 diese beiden Eisfelder deutlich gewachsen sind.



Nichtsdestotrotz ist der Rückgang in den letzten 250 Jahren fast unvorstellbar groß. Bei der Anfahrt zum Besucherparkplatz markiert ein Schild am Wegrand, wo sich die Gletscherzunge 1750 befand. Bis zur heutigen Zunge waren es allerdings noch ein paar Meter Autofahrt und eine 45 Minuten lange Wanderung.



Nach einem kurzen Waldstück führten die Wegmarkierungen über ein riesiges Geröllbett, das durch ein paar - in Moment winzige - Gletscherflüsse durchzogen wurde. Bei starken Regen und Schneeschmelze dürfte das gesamte Becken unter Wasser stehen. In der Ferne sahen wir bereits, wie sich der Gletscher einem Wurm gleichend entlang des Tals herunter windet. An den Rändern war das Eis schwarz von den sich mitschleifenden Gesteinsmassen und in der Mitte, wo der Widerstand der Talhänge am geringsten ist, tat sich unter dem weiß-bläulich schimmernden Eis eine weite Öffnung auf, aus der geschmolzenes Gletscherwasser ans Tageslicht trat.



Da die Sonne bereits hinter den Bergen verschwunden war, hatten wir zwar nicht mehr bestes Licht im Tal, allerdings lichteten sich dafür einige Minuten lang die Wolken und gaben den Blick auf die beleuchtete Gletscherspitze frei.



Wir übernachteten in der Nähe des Fox Gletschers beim Zugang zu einem See, der für die Spiegelung der umliegenden Bergkulisse bekannt ist. Gleich zu Sonnenaufgang wollten wir los um schöne Fotos zu machen, allerdings machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Es waren haufenweise Wolken über den sonst schneebedeckten Gipfeln. Haufenweise waren auch die Touristen, welche sich trotzdem zum See aufmachten.



Dieser morgendliche Anblick war für Roman genug und er wollte nur mehr die Flucht aus diesem Touristennadelöhr antreten. Die Westküste entlang gibt es genau eine Straße mit kaum Abzweigungen und somit keine Alternativen, womit sich die Touristenkarawane nicht verteilen kann. Im Grund genommen waren es nicht viele Menschen - vor allem wenn man es mit den Sommermonaten oder sogar mit Sehenswürdigkeiten in anderen Ländern vergleicht -, aber wir sind inzwischen die einsamen Weiten gewöhnt, daß es uns etwas zuviel wurde. Folge dessen fuhren wir einen halben Tag lang über den Haast-Paß entlang einer landschaftlich anspruchsvollen Strecke bis zum "Lake Wanaka".



Die neue Umgebung war wiedermal so anders als noch am Morgen davor. Riesige Seen in dem sich Wellen durch den ständig blasenden Wind brechen und das Grün der Wälder ist dem Wiesengrün gewichen und hat einen besondern Charm. Das klare Wetter ermöglicht einen Rundumblick auf die Bergwelt und das Blau des Himmels konkurriert mit dem der Seen.

Die nächsten Tage verbrachten wir in der nicht minder schönen Umgebung von Queenstown. Wir sind immer wieder begeistert davon wie viele unberührte Landstriche es ganz in der Nähe von größeren Städten gibt. Unser Campingplatz war ganz idyllisch nach der Fahrt auf einer 7km-Schotterstraße an einem See gelegen. So weit das Auge sehen konnte, war nur ein Bauernhof. Die Umgebung hatte so eine starke Ausstrahlung, daß wir am zweiten Tag die Bekanntschaft mit einer Filmcrew gemacht haben, die hier die nächsten beiden Wochen Szenen für einen Kinofilm drehen.




Queenstown selber ist eine vibrierende Kleinstadt, die durch ihr fast unüberschaubares Angebot an Bungyjumps, "Canyon Swings", Fallschirmspringen und vieles mehr Ziel junger Adrenalinsüchtiger ist. Aber nichts von alledem hat uns dazu gebracht uns irgendwo in die Tiefe zu stürzen.



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